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Die Spiegelauer Waldbahn

Von 1909 bis 1960 gab es ein über 100 Kilometer langes Eisenbahnnetz aus 600-mm-Spur im unteren Bayerischen Wald, das sich von Finsterau bis in die Nähe von Frauenau erstreckte. Die Waldbahn transportierte das Holz aus dem Hochwald zur Verladestelle in Spiegelau und später in Klingenbrunn, wo es auf normalspurige Staatsbahnwaggons verladen und in Richtung Zwiesel abtransportiert wurde. Damals war die kleine Bahn eine Sensation und viele Besucher aus ganz Europa kamen in den Bayerischen Wald.

Die Stammstrecke war die 32 Kilometer lange Linie Spiegelau-Mauth, die als erste Strecke der Waldbahn 1909 von der Forstverwaltung Spiegelau und der Firma O&K gebaut wurde. 1926 gab es schon 41 Kilometer Strecken- und 5 km Nebengleise. Und das Schienennetz wurde immer weiter ausgebaut, bis es über 100 km lang war. Der größte Teil befand sich im Bereich des Forstamtes Klingenbrunn, aber auch von Mauth aus wurde die Strecke bis Finsterau verlängert.. Noch 1953 baute das FA Klingenbrunn eine neue 7 km lange Strecke auf fast 1000m Meereshöhe. Eine Karte der Waldbahnstrecken findet man in Walther Zeitlers Buch "Eisenbahnen im Bayerischen Wald", Morsak Verlag 1980, oder im Buch "Die Spiegelauer Waldbahn", Ohetaler Verlag 2005 (siehe unten).

In abgelegenen Waldgebieten wurden wie auf einer Modellbahn "fliegende Gleise" aus 7, 9 oder 12 m langen Schienenstücken mit 9 Kilo Metergewicht auf Stahlrippenschwellen (5,5 kg/Meter) oder halbierten hölzernen Vollbahnschwellen verlegt. In den Kurven verlegte man fünf Meter lange Gleise mit Holzschwellen. Wurden die fliegenden Gleise, auf denen auch eine Lok mit 6,6 t Gewicht fahren konnte, dort nicht mehr gebraucht, lud man die Schienen einfach auf einen Zug, brachte sie zu einer anderen Stelle und verlegte sie wieder. Viele Kurven waren so ausgefahren, dass die Schienen und Laschen manchmal ganz eckig waren.

Die Strecken waren sehr steil, anfangs betrug die größte Steigung 1:28, ab Ende der 20er Jahre baute man noch steiler, als man neue Lokomotiven hatte. Es gab auch modellbahnähnliche Kurven mit einem Radius von 27 Meter. Die Gleise lagen auf stabilen, 2,70 m breiten Bahndämmen (siehe Zeichnung), die man heute noch findet.

Das BW befand sich in Spiegelau. Der Lokschuppen steht immer noch, und zwar neben der Bahnstrecke nach Zwiesel, kurz nach dem Bahnhof in Fahrtrichtung rechts. Anfang der 20er baute man dort eine Drehscheibe und kurz darauf ein Gleisdreieck bei der Sagwassersäge. So konnten die Dampfloks zur Bergfahrt gewendet werden. Die Dampfzüge fuhren immer mit Kessel nach oben, weil sonst das Wasser vom Kessel wegfiel und der Druck sank. Bei Klingenbrunn gab es eine Wendeschleife.

In Spiegelau kreuzte die Waldbahn ebenerdig die Normalspurstrecke Zwiesel-Grafenau. Ein weiterer Übergang, der allerdings seltener benutzt wurde, befand sich in Klingenbrunn-Bahnhof.

Personenverkehr gab es (offiziell!) kaum, nur Waldarbeiter und manchmal Besucher wurden in den beiden Personenwagen durch die Wälder gefahren. 1950-55 gab es einige öffentliche Personenzüge von Spiegelau nach Mauth, bei denen die Fahrgäste auf den Güterwagen saßen. Diese Fahrten waren bei Einheimischen und Gästen sehr beliebt.

Außer dem Holz transportierte die Bahn Stückgut (v. a. Lebensmittel) für Guglöd, Waldhäuser und die Graupsäge. 

An den Bäumen neben der Strecke hing ein Telefonkabel, das der Lokführer bei Bedarf mit einem Feldtelefon "anzapfen" konnte.

Ein Zug bestand meistens aus der Lok, die mit Lokführer und Heizer besetzt war, dem Ausrüstungswagen und zehn Trucks; er konnte 100 bis 120 Ster Scheitholz oder 40 bis 80 Festmeter Stammholz transportieren. 1930 wurde die unglaubliche Holzmenge von 118119 Festmeter Großnutzholz, 40491 Ster Schichtholz und 2127 Tonnen Stückgut gefahren. 

Die Waldbahn besaß insgesamt 12 Lokomotiven, davon 5 Dampf-, 4 Diesel-, und 3 benzinelektrische Loks. Die Dampflokomotiven waren grün gestrichen und wurden nicht mit Holz, sondern mit Steinkohlenbriketts geheizt. 1926 hatte die Bahn 154 Lauftrucks und 66 Bremstrucks. 1932 besaß sie schon 355 Holztransportwagen und 47 andere Wagen. 1955 waren es noch 182 Trucks und 23 andere Wagen. Näheres zu den Fahrzeugen siehe Fahrzeuge der Waldbahn.

Nach dem 2. Weltkrieg war die Bahn in einem sehr schlechten Zustand. Die Forstverwaltung wollte sie nicht für über 500000 Mark sanieren. 1957 begann der Rückbau der Gleise, und am 11. Mai 1960 fuhr der letzte Zug. Am 25. Oktober des selben Jahres waren die Schienen abgebaut. An ihrer Stelle wurden Forstwege für die "modernen" Lastwagen gebaut. 1970 wurde der Bayerische Wald zum Nationalpark und das Holzfällen eingestellt.

Heute erinnert nicht mehr viel an die kleine Bahn. Aber manchmal trifft man noch auf einen alten Bahndamm, z. B. im Reschbachtal zwischen Mauth und Finsterau, am Waldbahn-Endpunkt bei Finsterau oder in der Nähe des Rachels. Auch der Waldbahnweg in Spiegelau ist ein ehemaliger Bahndamm. Manchmal findet man auch ein altes Stück Schiene, das von der Waldbahn stammen könnte und als Geländer o. ä. zweckentfremdet wurde. Die alten Schienen und Schwellen waren bei den Einheimischen sehr begehrt! Viele Bilder von den Spuren der Waldbahn sind hier zu finden.

Ein Neuanfang als Museumsbahn

Eine kurze Strecke bei Riedlhütte (Riedlhütte ist ein paar Kilometer von Spiegelau entfernt) wird von einem Verein wieder aufgebaut! Das erste Teilstück ist schon in Betrieb. Fotos vom ersten Betriebstag (10.8.2003)

Außerdem kann jetzt im neuen Infozentrum in Spiegelau eine Dauerausstellung über die Waldbahn besichtigt werden.

Das Buch über die Spiegelauer Waldbahn

Im Ohetaler Verlag ist ein Buch über die Waldbahn erschienen. Es enthält viele historische Fotos, Pläne und Zeitzeugenberichte und ist für jeden Waldbahnfreund empfehlenswert:

Ludwig Reiner, Hermann Beiler, Richard Sliwinski - Ohetaler Verlag, Riedlhütte, 2005 - Format DINA4, 164 Seiten - ISBN 3-937067-14-0

Das Lokdenkmal in Spiegelau. Die Gmeinder-Lok ist keine Originallok der Waldbahn

Diese Zeichnungen sind im kleinen Waldbahn-Museum in Spiegelau zu sehen. Der oben abgebildete Waldbahntruck hat eine Spurweite von 750 mm, aber ähnliche Fahrzeuge fuhren auch auf der Spiegelauer Waldbahn.

 

Link:

"Spurensuche Spiegelauer Waldbahn"

Wolfgang Mletzko hat sich auf die Suche nach Spuren der Waldbahn gemacht und eine beeindruckende Sammlung Fotos zusammengestellt!